In diesem Buch werden wir Zeuge dessen, wie Traumata Menschen verändern können und dass Schweigen nicht immer die beste Lösung ist. Warum ‚Als wir glücklich waren‘ mich dennoch tief berührt hat, das möchte ich euch jetzt erzählen. Ines hat mich mit ihrer Buchvorstellung neugierig gemacht, darum lest ihr heute auch hier davon.
Als wir glücklich waren- war das Glück?
Lenya ist mit einem berühmten Reiter verheiratet und hat drei Kinder. Sie lebt, nicht unbedingt zufrieden, in ihrer Welt und fällt aus allen Wolken, als ihr Vater sie darum bittet, sie zu einer Trauerfeier zu begleiten.
Denn was ihr Vater ihr bei diesem Telefonat offenbart, hätte sie im Leben nicht vermutet. Es ist nicht irgendeine Trauerfeier, bei der er sie um Beistand bittet: Seine Schwester ist verstorben. Bis zu diesem Tag dachte Lenya, sie sei, nachdem die Mutter sie verlassen hat, mit ihrem Vater allein eine Familie.
Auch gegen den Widerstand ihres Mannes bricht sie mit dem Vater und den beiden kleinen Kindern gemeinsam auf. Solltest du glauben, dass er ihr jetzt im Wasserfall erzählt, was passiert ist, so irrst du dich. Sonst wäre ‚Als wir glücklich waren‚ ja auch direkt zu Ende.
Es gab nicht nur eine Schwester
Als sie auf dem Gut der Schwester ankommen, werden sie von der zweiten Schwester, Irma begrüßt. Lenya versteht die Welt nicht mehr. Was muss vorgefallen sein, dass der Vater seiner Tochter nie vom Gut und der Familie erzählt oder sie ihnen vorgestellt hat?
Die noch lebende Schwester benimmt sich in den Anfangstagen schroff bis abweisend, was Lenyas Neugierde nur noch weiter anfacht. Sie lernt die Dorfbewohner kennen, die Kinder leben sich schnell ein und genießen die Freiheiten und die Natur. Irma besitzt Pferde, es ist also ein bisschen auch wie zu Hause.
Mit sehr viel Feingefühl und der Unterstützung von Hannah, einer besonderen Nachbarin, tastet sich Lenya zu Irma vor und versucht, ihre harte Schale zu brechen. Nach und nach erfährt sie, warum sie auf diesem Gut wohnt, was in der Vergangenheit passiert ist.
Leben mit einer Tante, die man nicht kennt
Sie bleibt über die Trauerfeier hinaus auf dem Gut, was das Unverständnis ihrer Restfamilie hervorruft. Ihr wird deutlich, dass sie an ihrer Ehe arbeiten muss. Aber die Neugier über die Geschichte ist so viel stärker als der Wunsch nach Hause zurückzukehren.
Warum hat ihr Vater den Kontakt zu den Schwestern abgebrochen? Ist der Riss zu kitten? Was wird aus Lenyas Ehe?
All diese Fragen werden beim Lesen beantwortet.
Wie mir das Buch gefallen hat
Das Buch ist in der Gegenwart und in der sich bis zur Gegenwart aufbauenden Vergangenheit geschrieben, die Zeitsprünge gelingen der Autorin hervorragend. Das Gehirn switched beim Lesen direkt um, ich war bildlich dabei.
‚Als wir glücklich waren‘ hat mich sehr berührt. Denn es offenbart, wie viel Schmerz oft hinter den Fassaden der Nachkriegsgeneration lauert, wie sich das Erlebte und nie Behandelte auf jeden Einzelnen auswirkt. Wie sich durch falsch verstandene Konventionen damals Dinge nicht entwickeln durften.
Dabei ist es ein Buch, das durch seine Sprache alles andere als schwermütig ist. Es ist lebendig und sehr bildhaft geschrieben. Mir gefällt, wie einfühlsam und bewusst sich Lenya ihrer Vergangenheit und auch ihrer Zukunft stellt.
Wie sie die unterschiedlichen Empfindungen und Sichtweisen der anderen Protagonisten zusammenführt, wie sie Irmas Schale bricht.
Der Autorin gelingt es, die Verschlingungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart in ‚Als wir glücklich waren‘ zu einer perfekten und einfühlsam erzählten Handlung zusammenzuführen, bei der ich zu jeder Zeit mitgefühlt habe. Das Buch ist, obwohl es für mich nicht auserzählt ist, ein wirkliches Leseglück.
Wäre das auch eine Geschichte für dich?
Alles Liebe,
Eure Nicole
Der Link zum Buch ist ein reiner Hinweis. Ich verdiene nichts daran und wurde nicht für diesen Beitrag bezahlt. Herzlichen Dank an den Goldmann-Verlag und PenguinRandomHouse, dass sie mir dieses Buch zur Verfügung gestellt haben.
Freut mich, dass Dir das Buch auch so gut gefallen hat. „Nicht auserzählt“ ist eine schöne Formulierung. Für mich kann die Geschichte gerne Immenhof-mäßig im Jetzt weitererzählt werden.
Einen schönen Tag wünscht Dir
Ines
Ja, ich würde das auch gut finde. Auch um die zwischenmenschliche Entwicklung weiterzuverfolgen.
Liebe Grüße
Nicole